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12/2010
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„Fest-Schrift aus Anlaß des 100jährigen Stiftungs-Festes des Männerchores Rothenburg am 12. Juli 1953“ - Teil I Die Veröffentlichung nachfolgender Festschrift erfolgt – mit Ausnahme des Bildmaterials - ungekürzt
Anfang des Jahres 1898 starb Zierfuß nach monatelanger Krankheit und wurde von seinen Sängern zu Grabe getragen. Mit dem „Schottischen Bardenchor“ von Friedrich Silcher: „Stumm schläft der Sänger“ nahmen sie Abschied von ihrem geliebten und langjährigen Dirigenten. Die Reihenfolge der Vorstände des Vereins läßt sich nicht mehr feststellen. Immerhin waren es Männer, die sich nicht durch die Anfeindungen der anderen abhalten ließen, den Interessen ihres alten Vereins zu dienen und an eine Auflösung des Vereins, so wie es die anderen wünschten, niemals dachten. Ich nenne hier: Franz Söllinger, August Born, August Bandlow, die sich gegen Anfeindungen und bösen Absichten der anderen tapfer wehrten und die Fahne ihres Vereins hochhielten. Die Reihenfolge der Dirigenten festzustellen hat mir weniger Schwierigkeiten bereitet. Nach Zierfußens Tode übernahm Lehrer Otto Lange bis zu seinem im Jahre 1903 erfolgten Tode die musikalische Leitung; sein Nachfolger wurde Lehrer Alfred Dubs von 1904 bis 1908. Lehrer Eitze war bis 1910 Dirigent; ihm folgte von 1911 bis 1918 Lehrer Ernst Friedrich. Die Kriegsereignisse von 1914 bis 1918 hinterließen ihre Spuren auch auf das Vereinsleben, bis dann Lehrer Willy Schneider wieder neues Leben in den Verein brachte. So errang er mit seinen Sängern bei einem Sängerwettstreit in Alsleben/Saale einen ersten Preis. Schneider, der 1923 nach Zickeritz ging, erhielt in dem Lehrer Erich Evers, der 1926 nach Trebnitz bei Könnern versetzt wurde, auf 3 Jahre einen Nachfolger. Dann war’s vorläufig aus mit Lehrerdirigenten, und der Verein mußte sich in den Jahren 1926 1930 Chorleiter von auswärts heranholen; es waren die Musiker Grimm aus Gröbzig und Steinbrück aus Könnern. Dieser ständige Wechsel und oft monatelange Ruhe in den Jahren 1926 1930 wirkten sich naturgemäß zum Nachteil für den Verein und seine Leistungen derart aus, daß er Ende 1930 vollständig zum Erliegen kam. Am 1. April 1931 kam der Hauptlehrer, Cantor und Organist Wilhelm Hedenius nach Rothenburg. Er war ein begeisterter Musiker und blickte auf eine 29jährige Tätigkeit als musikalischer Leiter von Männerchören zurück. Er hatte sich kaum etabliert, da erschienen die Vorstände Hermann Brechel und Paul Bandlow, schilderten ihm die Verhältnisse und baten ihn, die musikalische Leitung der „Liedertafel“ zu übernehmen. Hedenius wünschte einen starken, leistungsfähigen Chor und schlug eine Vereinigung beider Vereine vor. Das wurde von dem auf 13 Mitglieder zurückgegangenen „Liederkranz“ aus schon bekannten und erwähnten Gründen abgelehnt, und nun ging Hedenius mit Eifer und Begeisterung, unterstützt von den genannten Vorständen an den Neuaufbau des alten Vereins. Und das gelang. 45 Sänger waren in der ersten Übungsstunde erschienen, und in wenigen Wochen standen 56 vor ihm. Das war eine Freude für Sänger und Dirigent. Nach Ablauf eines Vierteljahres war ein Programm vorbereitet, das in einem öffentlichen Auftreten nicht nur die Zuhörer, sondern auch die Sänger begeisterte. Freude und Begeisterung am Gesang hielten stand, und so konnte der Verein in der folgenden Zeit öffentlichen Konzerte vor ausverkauftem Hause veranstalten. Im Jahre 1933 nach dem Regierungsantritte der „Nazis“ trat eine Wendung ein. Beide Vereine wurden vereinigt unter dem Namen: „Männerchor Rothenburg“. Die Führung behielt der alte Verein „Liedertafel“; Brechel blieb Vorsitzender, „Vereinsführer“, wie man so schön sagte, und Hedenius musikalischer Leiter. Die Zahl der Mitglieder ging leider auf 30 zurück; trotzdem wurde fleißig weiter gesungen, und bei den vielen, fast zu vielen Veranstaltungen der NSDAP war der Verein stets engagiert. Auch in den folgenden Kriegsjahren von 1939 bis 1945 ruhte der Verein nicht. Im Vorstand fand ein Wechsel statt. Hermann Brechel gab die Führungsgeschäfte an den Sangesbruder Franz Kleemann, der sie bis zum Zusammenbruch unseres Vaterlands im Jahre 1945 führte, ab. Der Verein ruhte. – Erwähnen möchte ich eine Feierstunde aus dem Jahre 1942, in der dem Sangesbruder August Bandlow und dem Chormeister Hedenius für 40jährige Zugehörigkeit zum Deutschen Sängerbunde die „Goldene Spange“ verliehen wurde. Nach fast 6jähriger Ruhe erwachte der Verein zu neuem Leben. Sangeslustige Mitglieder des alten Vereins, verstärkt durch neu hinzutretende, fanden sich wieder zu einem 35 Mann starken Chor zusammen, und seit 1950 wird unter der alten Leitung wieder fröhlich gesungen. Die augenblicklichen Zeitverhältnisse verlangten einen Anschluß an das hiesige Industriewerk „TEWA“, darum der heutige Name „Männerchor der TEWA“. – Durch fleißige Arbeit in den Übungsstunden war der Chor in der Lage, öffentliche Konzerte zu veranstalten und bei Feierlichkeiten der „TEWA“, der Gemeinde und der Nationalen Front die kulturelle Umrahmung zu übernehmen. Stets wurden seine gesanglichen Darbietungen freudig und dankbar vom Publikum aufgenommen. Chormeister Hedenius, der 1946 nach 45jähriger Dienstzeit aus dem öffentlichen Schuldienste ausschied, konnte am 3. Juni 1952 auf eine 50jährige Dirigententätigkeit zurückblicken. Seine Sänger gedachten dieses seltenen Jubiläums in einer kleinen Feierstunde und überreichten ihm als Zeichen der Anerkennung seiner oft nicht leichten Arbeit einen Präsentkorb mit in dieser schweren Zeit sehr hochgeschätzten, delikaten Sachen. Ein Jahr darauf, am 2. Juni, seinem 64. Geburtstage, konnte Sangesbruder Franz Kleemann auf eine 40jährige , aktive Mitgliedschaft im Verein zurückschauen. Die Sänger gedachten dieses seltenen Ereignisses und ehrten ihn durch ein Gesangsständchen. Der einstimmige Beschluß der Sänger, hiesigen Einwohnern, denen es vergönnt ist, ihre goldene Hochzeit zu feiern, ein Ständchen zu singen, fand großen Beifall in der ganzen Gemeinde. Der Verein zählt augenblicklich 40 aktive und 7 passive Mitglieder. Dem Vorstand gehören an: 1. Vorsitzender: Hermann Brechel; 2. Vorsitzender: Edgar Speidel; 3. Schriftwart: Erwin Hackel; 4. Kassenwart: Arthur Bandlow; 5. Notenwart: Walter Kaufmann; 6. Chormeister: Wilhelm Hedenius. Am 12. Juli d.J. will der Männerchor sein 100jähriges Bestehen festlich begehen. Von den 30 zu dieser Jubelfeier geladenen Vereinen haben 21 mit fast 100 Sängern ihr Erscheinen zugesagt. Möge das Fest so verlaufen, wie die Sänger es sich wünschen; möge es ein echtes Sängerfest und auch ein rechtes Volksfest für alle Rothenburger werden ! Dem nunmehr 100 Jahre alten Männerchor, der als Kulturfaktor in Rothenburg an erster Stelle stand und heute wieder steht, wünsche ich ein weiteres Wachsen, Blühen und Gedeihen. Freude am Singen, Begeisterung der Sänger, das ist alles! Und so schließe ich meine Ausführungen mit dem Wunsche, daß dies für die nächsten 100 Jahre die Richtschnur bleiben möge für Sänger und Dirigent! O grüne fort und blühe lang, du edler, deutscher Männersang! Impressum: Rothenburger Geschichte(n) Schriftenreihe Nr. 14/Dezember 2010 –500-3. Jahrgang Nr. 5 Verantw. Ausgabe Nr. 14 – Männerchor Rothenburg Teil I, R. Hufenreuter, W. Becker