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05/2019
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Inbetriebnahme einer neuen Drahtbund-Beizanlage im VEB Draht- und Seilwerk Rothenburg (DSR) 1987 Quelle: Das Draht- und Seilwerk Rothenburg, in: Festschrift 1050 Jahre Rothenburg an der Saale 2011, Rothenburg 2011, S. 12-14; Autorenkollektiv: Stahldraht – Herstellung und Anwendung, Leipzig 1973; Vertrag Nr. 14-332-28108/4-0110 vom 03.September 1984 zwischen AHB der DDR Industrie-Anlagen-Import, Berlin und Otto Wolff Industrie-Anlagen GmbH , Köln über Drahtbund-Beizanlage ( in Dauerausstellung zur Industrie- und Ortsgeschichte Rothenburg einsehbar)
F O R T S E T Z U N G Nach Beantwortung der Frage nach dem Standort des Vorhabens ergaben Untersuchungen des Baugrundes schwierige Verhältnisse. Tragfähiger, d.h. felsiger Baugrund war erst in einer Tiefe von 8 bis 12 m gegeben. Zur Gewährleistung der errechneten Belastungen und geringsten Setzungen musste also eine Bohrpfahlgründung realisiert werden. Das hieß, insgesamt 130 Bohrpfähle ( á 1,30 m D. x 8- 12 m L.) einzubringen. Dafür wurde ein spezielles japanisches Bohrgerät benötigt, von dem es in der DDR nur zwei Stück gab. Es war ein glücklicher Umstand, dass dieses Gerät dem DSR termingerecht zur Verfügung stand. Für die Realisierung der umfangreichen Säurebauarbeiten (säurefeste Platten auf Folie verlegt) war die Fa. Säurebau Leipzig zuständig, zu der das DSR jahrelange gute Kontakte hatte. Die Einhaltung der im Vertrag vereinbarten Termine erwies sich als schwierig. Der Winter stand vor der Tür, und Säurebauarbeiten konnten nur bei Plus-Temperaturen qualitätsgerecht ausgeführt werden. Mit der Leipziger Firma wurde schließlich eine Lösung gefunden: Abschnittsweise wurden die jeweiligen Arbeitsbereiche mit ca. 2,20 m hohen Planen abgehangen und dann mit Heizgeräten warm gehalten. Die Ringkranbahn und die für deren Montage notwendige Stahlkonstruktion gehörten zum Liefer- und Leistungsumfang der Fa. Keramchemie, die diesen Auftrag an das Metall-Leichtbau- Kombinat (MLK) Werk Plauen vergeben hatte. Für die Montagearbeiten an der Ringkranbahn hatte diese Frma einen Chefmonteur und zeitweise einzelne Spezialisten in Rothenburg/S. auf die Baustelle entsandt. Mit umfangreichen Montagen war auch der DDR-Montagebetrieb SKET Spezialmontagen Weimar beauftragt worden. Die Montage der neuen Beize begann im November 1985. In dieser Zeit waren täglich bis zu 30 Montagekräfte auf der Baustelle anzutreffen. Die Montage einschließlich der Funktionsproben der Anlagentechnik wurde Ende August 1986 beendet. Im September begann der Probebetrieb, der das Anfahren und Betreiben der gesamten Anlage unter Betriebsbedingungen (mit Medien) umfasste, um dann noch erforderliche Anpassungsarbeiten durchführen zu können. In dieser Zeit wurde nach erfolgter Schulung das Bedienpersonal eingearbeitet. Wie vereinbart, begannen im letzten Abschnitt des Probebetriebs die Vorbereitungen auf den Leistungs- und Funktionsnachweis, der unter Produktionsbedingungen (72 h – max. 120h) stattfinden und einen kontinuierlichen und störungsfreien Betrieb der Anlage bestätigen musste. Das gelang jedoch nicht auf Anhieb. Es musste nämlich noch die Ursache eines grundsätzlichen Problems gefunden werden: das 2- wertige Eisen war nach Beize und Spülung durch Luftkontakt zu 3-wertigem Eisen oxydiert, was auf der Drahtoberfläche zu einem rötlichen Belag führte, der sich bei der Nachbehandlung nicht mehr entfernen ließ und den Draht unbrauchbar machte. Dem DSR wurden vom Vertragspartner umfangreiche Nachbesserungen vorgeschlagen. Die Beseitigung der Mängel erfolgte zu seinen Lasten. Im April 1987 wurden abermals Probebetriebe aufgenommen, und im Mai d.J. konnte nach Bestehen des Leistungsnachweises die Beize in Dauerbetrieb genommen werden. Die offizielle Inbetriebnahme der Anlage fand am 17.06 1987 statt. Nach nur wenigen Jahren begann eine neue Ära für das DSR, als es um die Zukunft des Betriebes ging. Bereits im März 1990 hatte W. Pampus, Geschäftsführender Gesellschafter der Westfälischen Drahtindustrie (WDI), Hamm, in seiner Funktion als Vorsitzender der Eisendraht-Vereinigung e.V. Düsseldorf die größeren Drahtwerke der DDR, darunter das DSR, besucht. Beim Betriebsrundgang fand er eine Beizanlage vor, die zu diesem Zeitpunkt zu den modernsten in Deutschland zählte. Die WDI trat in Kaufverhandlungen mit der Treuhandanstalt. Und man darf davon ausgehen, dass die neue Beize eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Privatisierung und für den Fortbestand des Werkes in Rothenburg/S. gewesen ist. Impressum: 500 Jahre Industriegeschichte Rothenburg a.d. Saale e.V. Am Kindergarten 10. 06193 Stadt Wettin-Löbejün, Verantw. Ausgabe Nr. 49: Ch. Dietze