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06/2012
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Rüstungsproduktion im Werk Rothenburg/S. (1935 – 1945) Die nachfolgenden Ausführungen beruhen u. a. auf W. Voigt, „Dokumentation zum Gefangenen- und KZ-Außenlager Rothenburg/S.“ , Rothenburg 2009, P. Stuffrein, „Zeittafel der Geschichte von Rothenburg/Saale“, Rothenburg 2010.
F O R T S E T Z U N G
Gedenktafel auf dem Saalberg-Friedhof ( Aufn.: W. Voigt ) Es sei an dieser Stelle hervorgehoben, dass es so manchen mutigen Bürger aus Rothenburg und unter der deutschen Belegschaft gab, der den Gefangenen Lebensmittel zusteckte, immer mit der Gefahr verbunden, von den Wachmannschaften oder der Gestapo entdeckt zu werden. Am 24. Oktober 1944 waren 80 Häftlinge des KZ-Buchenwald in das bis dahin von Franzosen belegte Kriegsgefangenenlager ausgelagert worden. Diese Häftlinge wurden nicht in der unmittelbaren Rüstungsproduktion eingesetzt, sondern mussten vorzugsweise schwere Außenarbeiten verrichten. So waren sie z.B. gezwungen, Baumaterial ca. 500 m von der Entladestelle am Bahnhof mit bloßen Händen den Saalberg hinauf zu schleppen. Auch mussten sie unter scharfer Bewachung durch Waffen-SS den Stollenausbau für den Luftschutzbunker gegenüber dem Werkseingang (Werk I) bewältigen. Wie viele dieser Häftlinge umgekommen sind, ist nicht bekannt. Kranke und verstorbene Häftlinge wurden nach Buchenwald zurückgeführt und durch arbeitsfähige regelmäßig ersetzt. Neben den allgemeinen kriegsbedingten Entbehrungen und Einschränkungen des zivilen Lebens stellte die Existenz eines modernen Rüstungsbetriebs mitten im Ort für die Bewohner ein erhebliches Problem dar. Mit zunehmender Intensivierung der alliierten Bombenangriffe auf die nähere Umgebung nahm die Furcht der Rothenburger, Ziel solcher Bombardements zu werden, beträchtlich zu. Befeuert wurden diese Ängste im konkreten Fall durch entsprechende Flugblätter der Alliierten und durch das Einschlagen von Brandbomben zwischen Tannengrund und Nussgrund im Sommer 1944. Rothenburg/S. blieb verschont. Nach dem Krieg waren viele Bürger der Meinung, dass dieser glückliche Umstand der Anwesenheit von 2000 Zwangsarbeitern und Gefangenen zu verdanken gewesen sei. Krieg und Nazi-Herrschaft endeten in Rothenburg/S. am 14. April 1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Streitkräfte. Von ihnen wurden die ausländischen Gefangenen und Zwangsarbeiter nach Herkunftsländern zusammengefasst und in Auffanglager überführt. Im Betrieb richteten sie eine Reparaturwerkstatt für ihre Kampffahrzeuge ein. Unter der sowjetischen Besatzungsmacht (ab 30. Juni 1945) begann 1946 die Demontage der Produktionsanlagen des Werkes. Über den Wandel der Zeiten – von der Nachkriegs-Ostzone, über die DDR bis zum heutigen Tage – sind in Rothenburg/S. die Schrecken von Krieg, Gewalt und Unrecht nicht vergessen. Schon im Februar 1946 wurde ein Gedenktafel für die 56 umgekommenen Bürger der Vereinten Nationen auf dem Friedhof am Saalberg aufgestellt. 1959/60 folgte das Denkmal in der Friedensstraße, das allen Opfern des Faschismus gewidmet ist. 1981 besuchten anlässlich einer DDR-Rundreise 18 ehemalige französische Kriegsgefangene Rothenburg/S., um ihren Ehepartnern den Ort ihrer beinahe 5-jährigen Gefangenschaft zu zeigen. Dabei kam es zu einer gemeinsamen bewegenden Erinnerung, die auch den Dank der Franzosen an Rothenburger Bürger für ihre damals geleistete riskante Hilfe einschloss. Feierlich gedachten der französische Delegationsleiter und der damalige Rothenburger Bürgermeister vor der Gedenktafel auf dem Saalberg- Friedhof der Toten und Leiden unter den Gefangenen und Zwangsarbeitern in Rothenburg. Heute erinnert der Förderverein Buchenwald e.V., der 1996 gegründet wurde, auf besondere Weise an die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar und seiner 136 Außenlager, zu denen auch Rothenburg/S. gehörte. Der Ort ist seit 2009 in das Netzwerk des Fördervereins eingebunden. Sein Anliegen ist es, historische Fakten zusammenzutragen und aufzuarbeiten. Ein Vertreter der Gemeinde Rothenburg/S. nimmt seitdem an den jährlichen Konferenzen in Weimar teil. 2009 z.B. arbeiteten die 60 Teilnehmer in drei Arbeitsgruppen. Ein weiteres Anliegen des Netzwerkes ist es, die vorhandenen Gedenkstätten für die Öffentlichkeit zu erhalten und zu pflegen. Die Gemeinde Rothenburg wird diesem Anliegen gerecht. Impressum : 500 Jahre Industriegeschichte Rothenburg an der Saale e.V.. Verantw.: W. Voigt