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09/2020
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Sagen, Legenden und Gedichte über Rothenburg an der Saale – eine Auswahl Quelle: P. Stuffrein, Zeittafel der Geschichte von Rothenburg an der Saale, Rothenburg 2018;
Diese Ausgabe der Rothenburger Geschichten beinhaltet Sagen, Legenden und Gedichte über Rothenburg, welche über Jahrhunderte von bekannten und unbekannten Verfassern niedergeschrieben wurden. Vom wilden Birnbaum bei Rothenburg Südlich vom Wege zwischen Garsena und Rothenburg, dort, wo der Weg nach Dössel führt, steht ein alter wilder Birnbaum, an dem es zur Mittags- und Mitternachtsstunde nicht geheuer ist. Ein kopfloser Mann geht hier um und erschreckt alle in der Einsamkeit Vorübergehenden. In früherer Zeit soll hier ein Ort gestanden haben (gemeint ist Katzena), der von Feinden gänzlich zerstört worden ist. Der letzte Bewohner des Dorfes findet hier aber keine Ruhe. Auch im Jahr 2020 steht an dieser Stelle noch ein Birnbaum. Die Geschichte vom Schellenmoritz Um 1690 spielt die Geschichte vom Schellenmoritz. An der östlichen Seite des Schlosses befindet sich noch heute in der Außenwand eine verwitterte Kopfskulptur. Dieses in Putz eingelassene Portrait soll den Schellenmoritz darstellen. Um diese Person gibt es folgende Legende: Ein Hüttenvoigt mit Namen Moritz quälte und ärgerte die Hüttenleute und Schmelzer, behandelte sie dauernd schlecht und schikanierte sie ständig, sobald er die Schmelzhütte betrat. Seine Frau, die ebenfalls von ihm schlecht behandelt wurde, hat ihm deshalb, weil er sehr schwerhörig war, Schellen an sein Kleidung genäht. Durch das Geläute der Schellen an seiner Kleidung wurde das Erscheinen des Hüttenvoigtes in der Hütte vorher den Schmelzern laut angekündigt. Als eines Tages der Schellen- moritz seine Schikanen gegenüber seinen Untergebenen zu sehr übertrieben hat und sie durch Stockprügel sehr quälte, haben die Hüttenleute den Mut gefasst und ihn in den glühenden Schmelzofen geworfen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um die Skulptur des heiligen Mauritius (deutsch: Moritz), des Schutzpatrons des Erzstiftes Magdeburg. Sie stammt also aus der Zeit, in der die Erzbischöfe das Schloss besaßen. Ursprünglich war sie in dem 1820 abgerissenen Schlossturm eingemauert. Die Sage vom Nix von Rothenburg Ein Bauer aus Rothenburg hatte, als er auf dem Weg nach Halle war, eine eigenartige Begegnung. Unterwegs traf er einen Mann, der erzählte ihm, er sei der Nix von Rothenburg und habe dem Nix von Giebichenstein für 14 Tage seine Frau ausgeborgt, damit sie dessen Haushalt halte, weil die Nixe vom Giebichenstein krank sei. Jetzt seien aber schon 16 Tage vergangen und seine Frau sei noch nicht zurück. Darum habe er sich aufgemacht, sie heimzuholen und dem Giebichensteiner Nix zu zeigen, wie es denen ergeht, die nicht Wort halten. Als der Nix in Giebichenstein vom Bauern schied, sagte er ihm, er möge darauf achten, ob ein Blutfleck auf der Saale zu sehen sei. Das sollte das Zeichen sein, dass einer von ihnen, er oder der andere Nix, im Kampfe getötet worden sei. Hierauf ging er über die Saale bis zur Mitte und verschwand im Wasser. Nach kurzer Zeit quoll helles Blut an die Oberfläche. Wer aber getötet wurde, hat der Bauer nie erfahren. Von dieser Sage gibt es unterschiedliche Fassungen. Eine Fassung besagt, dass dem Nix von Rothenburg, aus Dankbarkeit dafür, dass der Bauer aus Rothenburg ihn bis Halle begleitet hat, noch in der heutigen Zeit reiche Fischbestände in der Saale um Rothenburg zu verdanken sind. Die Napoleonschmiede Die Legende berichtet, dass Napoleon nach seiner Niederlage 1812 im russischen Winterfeldzug unerkannt seinem Heere voraus eilend, als Bauer verkleidet in einem Pferdeschlitten über die Saale bei Rothenburg flüchtete. In der Hellbachschen Schmiede am Ausgang der Nussgrund (in der Nähe der ehemaligen Ziegelei, jetzt Wohnung Fam. Bosold) lässt er seine Pferde neu beschlagen. Die Wartezeit nutzte er, um sich am Schmiedefeuer zu wärmen, wobei der Sohn des Schmiedes in dem Bauersmann den Kaiser Napoleon erkannt haben soll. Man wagte aber erst von der Einkehr Napoleons in der Schmiede zu erzählen, als die Nachricht vom allgemeinen Rückzug der Franzosen bekannt wurde. Seitdem nennt man diese Schmiede auch „Napoleonschmiede“. Der Goldschatz der Franzosen Wo heute eine Fähre Passanten über die Saale befördert, stand einst eine Holzbrücke. Beim Rückzug der Franzosen im Jahr 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, ging diese in Flammen auf. Die Franzosen, so erzählt man, haben sie in Brand gesteckt, damit ihnen niemand über sie Saale folgen konnte. Beim Übergang über die Saale haben sie eine Kassette mit einigen tausend Luidors verloren Es war die Kriegskasse. Sie soll noch heute auf dem Grund des Flusses liegen Heimatgedanken August Vopel, er wohnte in dem heute leerstehenden Backsteinhaus oberhalb vom Grundstück Heinz Hubert, Friedensstraße 3, auf der anderen Straßenseite, wurde Anfang des 1. Weltkrieges zum Kriegsdienst einge- zogen und kam auf einem Flugplatz bei Stahlhille in Belgien/Flandern zum Einsatz. Er schrieb dort ein sehr bewegendes Gedicht: Heimatgedanken 1. O Rothenburg mein teurer, mein lieber Heimatort In die Ferne musst ich ziehen nach einem fremden Ort Doch immer zog mein Sehnen mich nach deinem Tal zurück Ich fand in fremden Landen keine Ruh und auch kein Glück. 2. Vor meinen Augen sah ich dein Tal in hellem Glanz Sah es schön umgeben von roten Bergen Kranz Ich sah die Saale glänzen im goldenen Abendstrahl Ich sah vom Berg tief unten des Wehres Wasserfall. 3. Die Alte Burg sah ich liegen mit ihren Trümmerfeld Die Fahne winkt mir von Ferne noch in der weiten Welt Die Bäume sah ich blühen im Tale ach so reich Mich dünkt, es wäre gefallen, des Winters Schnee so weich. 4.Drum ist ja auch mein Sehnen nach dir stets hingewandt Wo ich so fröhlich lebte am kühlen Saalestrand Wo meine Lieben wohnen in deiner Mauern Hort Drum möchte ich wieder ziehen zu dir mein Heimatort. Stahlhille, den 16. Oktober 1914 Gez. A. Vopel