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12/2009
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Metallwerk Friedrich-Ottohütte Otto Zahn, Rothenburg (Saale) (Episode eines Unternehmens) Nachfolgende Ausführungen beruhen auf Dokumenten im Privatbesitz der Familie Zahn/Fröhlich und auf Tarlatt, E., Erinnerungen an die Familie Zahn, Rothenburg 1999.
Fo r t s e t z u n g Die Möglichkeit, seine Kreativität und Energie als Ingenieur und Unternehmer zu entfalten, hatte Otto Zahn in hohem Maße der Weitsicht, dem Ehrgeiz und der wirtschaftlichen und persönlichen Disziplin seiner Eltern Zahn, Otto (1874 -1951) und Hermine (1873 – 1960) zu verdanken. Alle Kraft richteten sie darauf, ihren beiden Söhnen Otto und Willy (1902 1972) eine gute Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Das war unter den Bedingungen des I. Weltkrieges und danach alles andere als einfach für nichtprivilegierte Leute. Der aus Bösenburg stammende Otto Zahn sen. war Böttcher und hatte um die Jahrhundertwende in der Rothenburger Messingnäpfchenfabrik in seinem Beruf Arbeit gefunden. Seine spätere Frau Hermine war im gleichen Betrieb als Arbeiterin tätig. Etwa ab 1905 betrieb Otto Zahn sen. auf seinem Grundstück (heute Burgberg 12) eine Böttcherei als selbständiger Unternehmer. Der Ertrag seines Unternehmens wurde nicht unerheblich ergänzt durch die vielfältigen geschäftlichen Talente und Initiativen seiner Ehefrau. So vermochten es beide, die Berufsausbildung der Söhne (Otto hatte Dreher im Rothenburger Werk gelernt) und deren nachfolgendes Studium mit dem Ingenieurabschluß (Otto hatte am Kyffhäuser Technikum in Frankenhausen Elektrotechnik und Maschinenbau studiert) aus eigener Tasche zu finanzieren. Beide Söhne bauten sich eigene Firmen auf und wirkten als passionierte Ingenieure und Unternehmer. Der von Willy Zahn 1951 in Olpe gegründete Betrieb Willy Zahn Maschinenbau GmbH läuft bis heute als erfolgreicher Spezialbetrieb in Familienbesitz ( seine Produkte finden z.B. auch in der WDI, Werk Rothenburg, Absatz). Mit seinem Vater, dem oben genannten Otto Zahn sen., einem vielseitig begabten und fleißigen Handwerker, hatte Otto Zahn jun. von Anbeginn seiner Tätigkeit als selbständiger Unternehmer bis zu seinem Tode eine unersetzliche Stütze im Betrieb. Hatte sich die Firma Zahn in ihren frühen Jahren erfolgreich auf die Herstellung diverser Schweißstäbe konzentriert, dehnte sie später ihre Tätigkeitspalette auf die Einzel- bzw. Musteranfertigung von Maschinen- und Ersatzteilen (z.B. Kurbelwellen, Rad- und Achslager) aus. Zu diesem Zweck hatte Otto Zahn in entsprechende Spezialmaschinen investiert. Auch eine Schmiede und verschiedene Vorrichtungen zum Härten gehörten neben einem kleinen Büro zur Einrichtung der Werkstatt. In letzterem war übrigens der in den Rothenburger Geschichte(n) Ausgabe 2 diesen Jahres erwähnte Ernst Tarlatt von 1945 bis 1957 als Buchhalter tätig. Zum Ende des Krieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit mußten auch von der Firma Zahn Waren des täglichen Bedarfs hergestellt und Reparaturen aller Art ausgeführt werden. In guten Zeiten beschäftigte der Betrieb bis zu 18 Arbeiter/innen. Lehrlinge wurden regelmäßig, und zwar ausschließlich als Spitzendreher ausgebildet.
Mit dem Tode des Gründers Otto Zahn erfuhr die Firma einen schmerzlichen und zum baldigen Niedergang der Firma führenden Einschnitt. Zwar blieb auch nach seinem Tode die Einzelfertigung von Maschinen- und Ersatzteilen das Herzstück der Produktion. Aber das Fehlen des außerordentlich innovativen und vorwärtstreibenden Ingenieursgeistes von Otto Zahn machte sich bemerkbar. Insgesamt verschlechterten sich in dieser Zeit und bald darauf mit Gründung der DDR die Produktions- und Marktbedingungen für den Betrieb erheblich, vor allem hinsichtlich der staatlich regulierten Rohstoff- und Werkstoffversorgung. 1954 wurde die Produktion von Schweißstäben eingestellt. Nach dem Weggang des Geschäftsführers blieb den Zahn’schen Erben nichts anderes übrig, als die Auflösung des Betriebes ins Auge zu fassen. Damit hatte eine zu Beginn vielversprechende Rothenburger Betriebsgeschichte als kurze Episode ihr Ende gefunden. Zwischen der Schließung des Betriebes (Dez. 1959) und dem endlichen Abschluß eines Übergabe-Vertrages an das Draht- und Seilwerk Rothenburg lagen mehrere Monate. Die Restbestände an fest installierten Maschinen sowie das Werkgebäude selbst wurden im Rahmen des o.g. Vertrages verkauft. Anschließend war das Gebäude der Gemeinde übereignet worden. 1961 begann der Umbau zu einer Turnhalle, die am 24. März 1962 zur Nutzung freigegeben wurde und bis heute existiert. Nach dem großen Umbruch von 1989/90 in der deutschen Vereinigung unternommener Versuch der ehemaligen Eigentümer, durch Rückgabe bzw. Rückkauf des Gebäudes die nunmehr erwarteten Chancen für unternehmerische Initiative im Geiste des Firmengründers Otto Zahn mit zeitgemäßer Ausrichtung zu nutzen, scheiterte an der Ablehnung der zuständigen Administrationen. Impressum: 500 Jahre Industriegeschichte Rothenburg a.d. Saale e.V. , Am Kindergarten 11, 06420 Rothenburg/S. Verantw.: Dr. B. Fröhlich (geb. Zahn)
Belegschaft der Firma Zahn im Oktober 1945